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BFA: Der Saal ist leer

Ein Leben im "JETZT" gibt es nicht, wissen Sie das? Das JETZT ist nicht greifbar, nicht haltbar und nicht fassbar. Weil das JETZT jetzt schon wieder vorbei ist. Unser Leben besteht aus dem was kommt und dem was war. Die einzige Möglichkeit, das JETZT festzuhalten, sind Fotografien. Dieses Foto ist so eine Momentaufnahme aus einem JETZT.

Bfa

10 Jahre BFA, Klinik Taubertal Bad Mergentheim

Am 31.12.2003 bin ich zum ersten Mal in diesem Saal als Musiker aufgetreten. Gestern hatte ich mein 10–jähriges Jubiläum. Ich spiele dort 5–6 Mal im Jahr, manchmal vor 5 Besuchern, manchmal vor 150. Engagiert wurde ich damals von Herrn Knot, der heute über 70 Jahre alt ist und mit Sicherheit zwanzig Mal selbst auf einem meiner Konzerte war. Einmal, so erzählte mir seine Frau, hat er ein Peter Maffay Konzert sausen lassen, weil ich am gleichen Abend in der BFA aufgetreten bin. Er saß lieber bei mir.

Das Bild zeigt den Saal, nachdem ich zwei Stunden lang alles gegeben habe. Es waren ca. 80 Patienten anwesend, die von der ersten Minute an voll dabei waren und richtig abgegangen sind. Vor dem Auftritt sprach sogar jemand aus der Klinik ein paar Worte und schenkte mir eine Flasche Sekt. Es ist unglaublich toll, auf etwas Beständiges zurückblicken zu können, das war in meinem Leben nicht immer der Fall.

Die Atmosphäre in diesem Saal war zu 99% der absolute Hammer, ich hatte nur einen Abend, an dem es sehr schwer war, das anwesende Publikum zu unterhalten, warm weiß ich bis heute nicht. An zwei Begebenheiten erinnere ich mich ganz besonders:

Der proppenvolle Saal

Die Klinik rief mich an, weil ein anderer Künstler abgesagt hatte. Ich selbst habe zwei Wochen zuvor vor knapp 80 Leuten im Saal gespielt. Natürlich sagte ich zu und baute am entsprechenden Abend meine Anlage auf. Dauert es normalerweise bis zum Auftrittsbeginn bis sich der Saal füllt –  mit mal mehr mal weniger Patienten –  war an diesem Abend nichts wie sonst: Bereits 15 Minuten vor Beginn war kein Platz mehr frei! Es wurden noch Stuhlreihen aufgestellt, die aber auch nicht reichten. So standen an diesem Abend Patienten an den Wänden entlang, und saßen auf dem Boden im Mittelgang. An diesem Abend, ich hab' nachgezählt, waren mehr als 150 Patienten und Personal im Saal! Die komplette Klinik war wie ausgestorben, die waren alle bei mir! Warum das so war ist klar: Da ich bereits zwei Wochen vorher dort war, haben nicht irgendwelche Plakate oder Werbung den Saal vollgemacht, sondern das Phänomen "Word of mouth"!

Der Professor aus Berlin

An einem anderen Abend blieb ein älterer Herr im Saal sitzen, während ich abbaute. Nach einer Weile fragte ich ihn, ob ich ihm helfen könne. Es entstand folgender Dialog:

Ich: "Kann ich ihnen helfen?"
Er: "Nun, ich überlege mir schon die ganze Zeit, ob ich sie nicht mal zu mir nach Berlin einladen soll!"
Ich: "Wow, nach Berlin, aber da gibts doch genug Musiker!"
Er: "Ich wohne nun seit 40 Jahren in Berlin, arbeite dort als Musikprofessor an einer Uni. Einen Musiker wie sie habe ich in Berlin noch nie gesehen!"
Ich: "Wow! Das kann doch nicht sein!"
Er: "Nun, seihen sie mir nicht böse, aber ich würde sie gerne vor meinen Studenten spielen lassen, damit diese von ihrem hohen, achso perfektionierten Ross herunterkommen!"
Ich: "Immer raus mit ihrer Meinung!"
Er: "Ich habe noch nie in meinem Leben einen Musiker gesehen, der so schlecht Gitarre spielt und das so toll  macht!"

Auf die nächsten 10 Jahre

Ich habe das schon immer gesagt, so lange ich meine Gitarre halten kann, so lange werde ich auch vor Publikum auftreten. Die Anlage selbst wird ja immer kleiner, da brauche ich dann nicht so viel zu schleppen.

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