Braucht der DJ einen Controller
Das, was Sie da unter meinem Laptop sehen, ist ein Controller für DJ-Software und so ziemlich alle DJs, mit denen ich bisher geredet habe waren der Meinung, das man zwingend so ein Ding braucht, um "vernünftig" aufgelegen zu können. Dieser Meinung war ich bis letzten Samstag nicht, und bin es im Grunde immer noch nicht.
Wozu einen Controller?
Der Controller Numark Mixtrack ist nichts anderes als ein Steuergerät für DJ-Software. Alles, was man damit machen kann, kann man locker auch über den Laptop machen. Ich mache das seit 2003 so, seitdem ich als mobiler-DJ unterwegs bin. Einen Controller hab ich in den letzten Jahren weder vermisst, noch wirklich gebraucht. Auch die Jahre davor als Resident-DJ im Tanzcafe Baccara habe ich keinen Controller benutzt (falls es solche Geräte da schon gegeben hat).
Wie kann es also sein, dass man als DJ so ein Ding zwingend braucht, wenn es auch absolut problemlos ohne geht? Von den Kollegen werde ich dann gefragt, wie ich denn bitte die Musik über den Laptop in die Boxen bekomme. Ganz einfach:
- einen Laptop für die Musik
- ein USB-Interface mit zwei Kanälen (z.B. den ReLoop iPhono)
- ein Behringer-Mischpult (z. B. ein Xenyx)
- einen Behringer Exciter (wertet den Sound auf)
- zwei aktive Boxen (z. B. die Electro Voice ZLX12 P)
Fertig, mehr braucht man nicht. Den Reloop iPhono bekommen Sie nur noch gebraucht bei Ebay, die neue Version iPhono 2 bietet keine zwei Kanäle mehr (warum ich immer). Da bräuchten Sie dann zwei Geräte, was den Aufwand am Set wieder erhöht.
Was allerdings den Tatsachen entspricht ist ein erhöhter Aufwand, wenn man diese Anlage beim Kunden aufbaut, denn alle Kabel müssen aufs Neue angeschlossen werden, nur das Mikrofon und der Exciter steckten in einem Flightcase (Rack).
Dann doch mit Controller?
Letzten Samstag hab ich nun das erste Mal mit einem Controller aufgelegt. Dazu habe ich meine Anlage im Endeffekt komplett umgestellt und auch ein neues Mischpult besorgt, welches ich in das Flightcase einbauen kann, den Exciter hab ich dazugepackt und alles verkabelt. Das bedeutet: Ich muss nur noch die Aktivboxen und die Mikrofone anschließen, was vom Aufwand her eine enorme Erleichterung darstellt.
Dann habe ich zunächst Blut und Wasser geschwitzt, denn ich bin DJ, kein Tontechniker. Ich hatte große Probleme, den Controller an das Mischpult anzuschließen, dabei ist es tatsächlich sehr einfach. Dazu braucht man nur ein Kabel "Chinch ==> Klinke" und schon funktioniert das Ganze vollkommen problemlos.
Was mir aber auch auffiel: Die Lautstärke ist absolut nicht ausreichend, zum allerersten Mal musste ich meine Aktivboxen lauter drehen! Beim Mischpult sind Mastergain und der Laustärkeregler für den eingesteckten Controller voll aufgedreht und trotzdem hatte ich nicht die Lautstärke, die ich vom Xenyx gewohnt war.
Wie arbeitet es sich mit einem Controller?
Es ist eine immense Umgewöhnung, wenn man auf einmal mit einem Controller arbeiten soll. Ich habe mich selbst immer wieder dabei erwischt, dass ich das Teil gar nicht angefasst habe, sondern weiterhin alles am Laptop gemacht, und nur die Lautstärke über den Controller geregelt habe. Da ich dies 20 Jahre lang genauso gehandhabt habe, musste ich mich fast zwingen, den Controller zu benutzen.
Play & Cue?
Die meisten Schwierigkeiten hatte ich mit den Play und den Cue-Tasten, das geht auf dem Laptop wesentlich einfacher. So setzte ich am Anfang immer einen Cue (also da sollte das Lied beginnen), drückte aber auf Play und das Lied begann dort, wo es das letzte Mal stoppte. Ich vermisse schmerzlich einen Knopf den ich auf dem Controller drücken kann und das Lied springt auf Cue zurück, sodaß ich mit dem Play-Button den Mix starten kann. Bis ich dann bemerkt habe, dass ich eben auf Cue drücken muss und nicht auf Play! Das muss einem ja gesagt werden!
Wozu einen Fader?
Bisher habe ich meinen Mix immer über die Laustärkeregler der Kanäle am Mischpult geregelt, einen Fader gibt es zwar in der Software (Virtual DJ), den habe ich aber nie benutzt, weil mir das zu fummelig war. Jetzt soll ich das also komplett anders machen: Der Fader steht immer "voll" auf der Seite, dessen Lied gerade läuft und wenn ich mixe, schiebe ich den Fader auf die andere Seite. Mit dem Kopfhörer und den Pottis Cue Mix und Cue Gain kann ich den Mix vorher prüfen, was übrigens absolut tadellos funktioniert!
Das ging ein paar Mal schief, weil der Fader auf der Mitte stand, während ich in das nächste Lied gehört habe, was seltsame Blicke von der Tanzfläche zur Folge hatte. Der Stimmung machte das nichts, ich hab bei Fehlern immer einen lockeren Spruch auf Lager, aber es nervte mich gewaltig und es dauerte seine Zeit, bis das Verschieben des Faders (wenn es denn was zum Mixen gab) auch immer komplett auf der richtigen Seite stand. Wenn man Lieder nur abspielt, also gar nicht mixen muss, kann man den Fader auch in der Mitte stehen lassen, muss dann aber die Lautstärkeregler benutzen, wenn man vorhören möchte, ohne dass es die Tanzfläche mitbekommt. Auf diese Art mache ich das seit Jahrzehnten und hatte so auch keine Probleme!
Brauche ich den Controller denn nun?
Der einzige wirkliche Vorteil, den ich darin sehe, ist das alles einfach kompakter ist und ich wesentlich schneller aufbauen kann. Da alle Kabel bereits gesteckt sind und beim Abbau einfach im Rack verschwinden, dauert der Aufbau der PA inkl. Boxen und Mikrofonen keine 10 Minuten, das geht einfach ruckzuck. Dieser Vorteil ist auch der fast einzige Grund, warum ich jetzt erstmal eine Weile so mit der Anlage auf die Reise gehe.
Die meisten Funktionen des Controllers brauche ich im Grunde nicht, von den Laustärkereglern einmal ausgenommen. Wenn ich sowieso am Laptop ein Lied heraussuchen muss, warum sollte ich dann meine Hand vom Laptop nehmen um auf einen Knopf des Controllers zu drücken, um das Lied zu laden? Das macht keinen Sinn. Wenn ich das Lied gefunden habe, klicke ich es doppelt an und es wird automatisch in den freien Kanal geladen. Dazu brauche in nun wirklich keinen teuren Controller. Auch das Scrollen durch die Liste mit dem Browse-Potti macht für mich absolut keinen Sinn, denn das ist umständlich, fummelig und ich muss doch sowieso auf den Laptop schauen. Da scrolle ich doch lieber mit der Scroll-Funktion des Touchpads, das geht viel schneller!
Mein Fazit?
Ich werde den 200 Euro-Controller zurückschicken und mir einen kleineren Controller (Numark Party Mix 2) besorgen, denn den Vorteil des immens schnelleren Aufbaus kann auch ich nicht von der Hand weisen. Auch das perfekte Mixen geht mit einem Controller wirklich toll von der Hand, die großen Jogwheels sind dabei eine wirklich große Hilfe.
Mir reicht dabei aber ein kleiner Controller vollkommen aus. Die nächsten Auftritte werde ich mich dann in die Materie einarbeiten und Fehler durch falsche Bedienung korrigieren. Ich werde dabei immer noch vieles auf dem Laptop selbst machen, denn diese Fummelei brauche ich nicht wirklich.
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